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Channel: Frauen – Trotz alledem
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Politik muss jünger und weiblicher werden

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Unter dem Titel

„Jünger und weiblicher“ – Sind die Kategorien der SPD-Erneuerung so richtig?

schreibt Eric Flügge, Politikberater, einen längeren Beitrag über die Versuche der SPD, mehr Frauen, und da vor allem jüngere Frauen,  in die politische Arbeit der SPD einzubinden. Die alte Dame SPD umweht der Hauch einer älteren Männer- und Machopartei, bei der es Frauen schwer haben, politische Karriere zu machen. Sie tut sich schwer mit Veränderungen und die Machtzirkel wehren sich gegen die jüngste Offensive der SPD, die Partei zu verjüngen.

Was man oft hört nach Niederlagen, wie sie die SPD bei der Bundestagswahl erfuhr, hörte man denn auch von Martin Schulz:

Seine Partei werde sich nun „grundsätzlich neu aufstellen“. Und es sei seine Aufgabe, diesen Prozess als „gewählter Vorsitzender zu gestalten“.

Es ist nichts Neues, dieselben Ankündigungen kennen wir aus 2013

Nahles und Gabriel wollen die Partei umkrempeln, sie öffnen und effektiver machen und weiblicher natürlich auch. Es soll alles ein bisschen so werden wie in einem modernen Unternehmen.

Nichtsdestotrotz – die betroffenen Machtzirkel sind seitdem vier Jahre älter und die Nachrückenden Jungmänner wollen schließlich irgendwann auch an die Fleischtöpfe.

Flügge reagiert auf die Vorstellungen, wie man es erwarten kann:

„Ich finde die Kategorien „jung“ und „weiblich“ schwierig, weil sie kein Qualitätssignum sind.

als ginge es alleine um Qualität. Das ist die Argumentationslinie der Piratenpartei, die auch fand, dass sie postgender wäre, Bewerber/innen alleine nach Qualität aufzustellen seien und sich dann fast nur Männer auf aussichtsreichen Plätzen fanden. Einer der Gründe ihres Scheiterns.

Flügge fackelt auch nicht lange und findet neue Kriterien, die für die zu erneuernde SPD zu finden wäre:

vielfältiger„, „freundlicher“ und „wissbegieriger

denn dann muss es ja auch keine Frau sein, sondern es kann zum Glück auch ein Mann sein. #tiefdurchatme

Und jung muss er auch nicht sein, sondern es könnte so einer sein:

Aber was macht das mit den älteren, männlichen Mitgliedern, wenn sie regelmäßig zu hören bekommen, sie würden wegen ihrer Körperlichkeit für die Entwicklung überflüssig oder gar zur Belastung?

Nun, diese Männer könnten  „wissbegierig“ und „freundliche“ an der „vielfältigen“ Entwicklung der Partei interessiert sein anstatt am Festhalten an ihren Posten und Einfluss und zur Seite treten.

Dass Flügge kurz darauf auch Quoten in Abrede stellt

Vielleicht lohnt aber auch der Blick über das Konzept der Quoten hinaus.

wundert dann nicht mehr. Niemand mag Quoten – aber niemand hat bisher aufgezeigt, dass etwas anders als Quoten helfen würde, wenn es um das Thema mehr Frauen in der Politik geht.

Wir bei DEMOKRATIE IN BEWEGUNG haben eine 50%-Frauenquote und eine 25%ige, nicht kumulierende Vielfaltsquote für Menschen mit Diskriminierungserfahrung. Dies nicht, weil wir Männer diskriminieren wollen, sondern weil wir eingesehen haben, dass kein Instrument so nachhaltig und sicher wirkt wie die Quote. Die SPD hat keine progressive Quote wie Grüne/Linke und wir auch – und folglich ist der Anteil an Frauen im Bundestag bei der SPD 16% niedriger als bei den GRÜNEN.

Warum ist es aber richtig, mehr Frauen zu fordern, speziell auch mehr junge Frauen?

Frauen machen anders Politik, sie schaffen Rollenmodelle.

Das besondere an diesen Rollenmodellen ist, dass sie eigentlich nicht typisch weiblich sind, sondern vor allem nicht mehr herrisch-breitbeinig.

Und es gibt viele Männer, denen das gut gefällt, dass die patriarchalischen Rollenmodelle weniger werden. Frauen streben nicht weniger nach Macht und es gibt Frauen, die sind genauso berechnend und eiskalt, wie die Männer, denen wir genau das vorwerfen. Also gibt es auch keinen Grund, nur noch Männern den Raum zu geben.^^

Die Hälfte der Macht für die Frauen – das heißt nicht, dass Frauen weniger machtbewusst sind – aber dass sie die Hälfte der Bevölkerung sind und deshalb Anspruch darauf haben, diese selbst zu vertreten. Frauen machen das nicht schlechter – aber eben doch manchmal anders.

Männer können keine Frauen repräsentieren, sich allenfalls begrenzt für diese einsetzen. Auch wenn ich sexuelle Belästigung von Frauen schlecht finde – was ich tue – kann ich nicht nachempfinden, wie es ist, so belästigt zu werden. Ich kann mir einbilden, es nachempfinden zu können – alleine, es ist nur eine Einbildung.

Politik ist immer noch eine Männerdomäne. Machtkämpfe werden zwischen Männern ausgetragen, Frauen aus vielen politischen Entscheidungen gerne herausgehalten. Das ist schon immer so. Frauen finden wesentlich weniger Gehör. Es gibt kaum Vorbilder für Frauen. Männern hingegen wird allgegenwärtig vorgelebt, dass sie erfolgreich sein können und werden.

Diese Strukturen brechen wir nur auf, wenn mindestens genauso viele Frauen an politischen Prozessen und Entscheidungen teilhaben wie Männer!

Das wissen wir, das können wir wissen. In der SPD weigert man sich offensichtlich, sich zu erneuern. Die, die dran sind, wollen dran bleiben.

 

Flügges Replik bei Twitter auf meine Kritik liest sich so:

Als ich ihm bekannte Argumentationsketten vowerfen, wird er erwartungsgemäß persönlich bzw. macht aus Zwischenrufen Brüllerei:

und reproduziert so männliche Verhaltensmuster – mit dem Versuch, den Gegenüber zu diskreditieren. Dass er in seinem Text „freundlicher“ gefordert hat, wird damit völlig abstrus.

Ich habe 2010 als Mitglied des Parteirats der GRÜNEN in BW das grüne Männermanifest unterzeichnet. Darin steht:

Wir sind Grüne Feministen und haben gute Erfahrungen gemacht, Macht und Einfluss zu teilen. Wir sind mit Quoten  und Doppelspitzen groß geworden. Wir kennen und schätzen gleiche Rechte und gleiche Pflichten sowie die Verantwortung, als Beispiel voranzugehen. Uns trägt die Vision einer Gesellschaft verschiedenster Individuen, die unter gleichen Bedingungen zusammenleben.

Wir sind keine Dinosaurier mehr. Wir wollen auch keine Alleinernährer sein. Wir wollen weniger Leistungsdruck, bessere gesundheitliche Prävention und mehr wertvolle Zeit. Wir wollen keine Helden der Arbeit sein, wir wollen leben. Wir wollen Macht, Verantwortung und Pflichten teilen und das Korsett alter Geschlechterrollen von uns reißen. Wir wollen neue Perspektiven für Männer im 21. Jahrhundert!

Jedes Wort davon stimmt heute noch. Denn was Männer gerne ignorieren, die keine Macht abgeben wollen – auch die Rolle der Männer verändert sich. Denn eine gleichberechtigte Gesellschaft bekommen wir nicht, wenn nur die eine Seite ihre Rechte einfordert und die andere sich in Abwehr verkämpft. Emanzipation ist keine Einbahnstraße. Auch für Männer hat der Rollenwechsel viele Vorteile. Und es ist an der Zeit, dass wir die männliche Gesellschaft überwinden. Das geht aber nur, wenn wir die Rollenbilder und -erwartungen verändern – für Männer und Frauen.

Und dazu muss nicht nur die SPD, sondern die Politik insgesamt jünger und weiblicher werden.


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